anders „über mich“

Ja, anders „über mich“. Schreiben.
Anders über mich schreiben. So anders, dass Sie sich möglicherweise fragen: Was ist das für einer? Kann man dem trauen?

Neu, das ist das Zauberwort. Neu.
Neu schreiben, sich neu zeigen, neu oder anders.
Nein: neu.
So-wie-bisher-noch-nie-neu.

Ganz stimmig auf das, was jetzt gerade ist, sich zeigen, sprechen, schreiben.
Nichts anderes passt wirklich.

Wie weit sind wir davon weg?
Wie weit bin ich davon weg?

Wie weit bin ich davon weg, davon, mich so zu zeigen, so zu sprechen, so zu handeln, wie es jetzt gerade auf den Moment passt?

Manchmal: gar nicht weit, sondern eher: ganz nah dran, ganz nahe dabei.

Und manchmal: Ewigkeiten weit entfernt.

Die Erinnerung daran, die Erinnerung an Momente, wo ich ganz weit weg davon war, ganz nahe dran zu sein am Sprechen, Handeln, mich so zeigen, wie es auf den Moment passt, dass ich wirklich ein Stück von mir offenbare – die Erinnerung an diese Momente löst Schmerz in mir aus.

Denn sich so zeigen, so sprechen, wie es stimmt, ist ein Grundbedürfnis jedes Menschen; es ist das Bedürfnis nach Authentizität.

Nur:
Wie oft habe ich erlebt, dass Dinge geschahen, die mir nicht gut taten, als ich mich so zeigte, wie es gerade für mich wirklich stimmt?
Wie oft erlebe ich, wie sich Menschen um mich herum auf eine Weise zeigen oder sprechen, dass ich erstens sagen würde: das zu sehen/ hören hat mein Bedürfnis nach Authentizität genährt, und dass zweitens daraufhin Dinge geschehen, die mir und jedem anderen anwesenden gut tun?

Ich schreibe dies eingedenk dessen, dass es mir – und, wie ich sicher annehme, jedem anderen Menschen – ein Grundbedürfnis ist zu wissen, was in den Menschen um mich herum vor sich geht, genauso, wie es mir ein Grundbedürfnis ist, die Menschen wissen zu lassen, was in mir vorgeht.

Sich authentisch zeigen, vermitteln, was in mir/ in sich/ einem Menschen vor sich geht = kommunizieren, wie ich gerade drauf bin, was ich brauche: Absolute Grundbedürfnisse eines jeden Menschen, absolut notwendig, um Dinge in Gang zu setzen, die jedem gut tun.­

Ich empfinde Unbehagen, Nervosität bis hin zu Angst, wenn das nicht geschieht: Wenn ich nicht mitbekomme, wie es [/was in] den Menschen um mich herum [vor sich] geht.

Traurigkeit empfinde ich jetzt, wo ich dies schreibe:
„Ja, es gibt auch Situationen, wo ich denke: ‚Es hat keinen Zweck, es macht keinen Sinn, das zu sagen, das zu tun, was wirklich wirklich stimmig wäre für mich.‘ In diesen Situationen bräuchte es mehr Zeit, mehr Raum, mehr Energie, um aus Authentizität etwas Schönes erwachsen zu lassen.“
Es bleibt die Frage, wie aus einer solchen Situation überhaupt etwas Schönes erwachsen kann.

So kenne ich beide Orte:

Den Mangel, den Schmerz, die von dort kommen, wo es nicht gelingt, herüberzubringen, was in mir und den anderen Menschen zum Leben gerade nach Gehört-Werden und Berücksichtigung ruft.

Und den Ort der Fülle, der Nährung, an dem aus Verbundenheit – die aus dem Erkennen erblüht, was in mir und den mich umgebenden Menschen wirklich (=authentisch) lebendig ist – Dinge geschehen, die allen gut tun, die allen etwas geben.

Ich sehne mich nach Menschen, mit denen ich diesen zweiten Ort aufsuchen kann. Nach Gemeinschaft, nach Erfüllung.

Diesen Ort zu finden, in und aus dem Alltags-Mangel heraus, der mich umgibt – diesen Ort, den ich für einen natürlichen Seins-Zustand halte, zu finden, dafür habe ich einen Kompass, ein paar Leitlinien entwickelt.
Diese Leitlinien sind im Prinzip nichts neues – viele Menschen vor mir haben ähnliche Beobachtungen gemacht, ähnliche Rückschlüsse gezogen und ihre darauf abgestimmten Methoden und Wege entwickelt.
Und wahrscheinlich waren auch ihre Wege nichts ursprünglich neues, sondern einfach das, was es ihnen leichter machte, um an diesen Ort der Verbundenheit und Fülle zu gelangen.

Im besten Sinne waren und sind diese Methoden und Wege etwas Natürliches und nichts neues.
Das Natürliche an ihnen ist: Dass sie zu gehen das Neue in sich birgt.